Trixy Freude: Mai 2008 Archive

Dass der sprichwörtliche Teufel im Detail steckt, auch und gerade bei der Web-Usability, beweist DHL. Deren Webseite sieht so aus:

dhl-start.jpg

Gut, optisch vielleicht nicht so richtig ansprechend. Aber wo ist jetzt das angesprochene Detail? Es liegt in der Benutzungsfreundlichkeit der DHL-Webseite.

Benutzungsfreundlichkeit ist einer (und vielleicht einer der holprigsten) Begriffe, mit denen hierzulande die Usability umschrieben wird. Gemeint ist, wie gut der typische Nutzer mit dem Produkt – hier also der Webseite – umgehen kann. Benutzungsfreundlich ist ein Produkt unter anderem dann, wenn der Nutzer beim Umgang damit leicht sein Ziel erreicht.

Was ist eines der Hauptziele, das jemand haben könnte, der die DHL-Webseite besucht? Dazu braucht man kein Usability-Experte sein – natürlich möchten wohl die meisten Besucher die Sendungsverfolgung benutzen. Das kann man direkt auf der Startseite machen, und zwar recht gut platziert - im linken Seitenbereich, fast direkt unter dem Logo.

Nun kann man bei DHL nicht nur Päckchen aufgeben, sondern beispielsweise auch so genannte Express Briefe. Die kommen garantiert am nächsten Tag an, sind versichert und mit einer Nummer für die Sendungsverfolgung versehen. Gibt man die allerdings auf der Startseite ein, passiert das hier:

sendungsverfolg_startseite.jpg

Ein Irrtum bei der Eingabe? Oder eine ganz falsche Nummer? Wenn es sich um einen wirklich eiligen Brief handelt, den man da aufgegeben hat, der ganz bestimmt am  nächsten Tag beim Empfänger sein muss, kann man an dieser Stelle schon ins Schwitzen geraten. Ein Fehler bei der Eingabe ist übrigens gar nicht so unwahrscheinlich, da der Belegzettel, den man bei der Post bekommt, nicht klarstellt, welche der dort abgedruckten Nummern denn die Sendungsverfolgungsnummer ist.

Wir hatten übrigens keinen Erfolg, mit allen vorhandenen Nummern (Sie haben sicher schon gemerkt, dass es sich hier um keine fiktive Geschichte handelt – all das ist wirklich so passiert). Um herauszufinden, ob es beim Express Versand vielleicht irgendetwas Besonderes gibt, was wir übersehen haben, wählten wir als nächstes aus dem Navigationsmenü "Privatkunden" den entsprechenden Menüpunkt aus. Bei den dort aufgelisteten Vorteilen findet sich auch der Punkt "Inklusive Sendungsverfolgung". Letzteres ist verlinkt und öffnet ein Pop-Up-Fenster, in dem man eine "Packstücknummer" oder eine "Referenznummer" eingeben kann. Die naheliegende Vermutung, dass man hier gezielt nach dem Verbleib des Express-Briefes suchen kann, und auf der Startseite vielleicht tatsächlich nur nach Paketen, erfüllt sich nicht. Mehr noch verwirrt man den Nutzer hier mit Angaben wie "12-stellige Nummer oder bis zu 39-stelliger License Plate, befindet sich unterhalb des Barcodes auf dem Paketlabel." Paketlabel? Barcode? Ich hab doch aber einen Expressbrief! Unnötig zu sagen, dass die Eingabe der Nummern hier auch wieder zu keinem Erfolg führte. Im übrigen stellt sich heraus, dass dieses Pop-Up die gleichen Informationen enthält wie die Sendungsverfolgung auf der Startseite, nur dass dort ein neues, normales Browserfenster geöffnet wird.

In der Verzweiflung sucht man nun vielleicht den Menüpunkt "Kundenservice" auf. Wählt man hier "Privatkunden" aus, taucht erneut ein Hinweis auf die Sendungsverfolgung auf. Die heißt allerdings plötzlich "Track & Trace", bietet aber die Möglichkeit, auch den Dokumentenversand zu verfolgen. Zu Track & Trace gelangt man übrigens auch, wenn man bei der Sendungsverfolgung auf der Startseite das Informations-Icon neben "Sendungsnummer" anklickt (statt dort, wie man erwarten würde, Informationen darüber zu liefern, wie sich eine Sendungsnummer aufbaut!).

Man kann in das nun erscheinene Pop-Up sogar gleich fünf verschiedene Nummern eingeben. Dumm nur, dass man immer noch nicht weiß, welche der Nummern auf dem Einlieferungsschein jetzt die Sendungsnummer ist. Egal, einfach eine ausprobieren... dann allerdings passiert das hier:

track_and_trace.jpg

Bitte überprüfen Sie die Sendungsnummer. Moment mal, hier liegt offensichtlich ein Problem vor, aber was tut Track & Trace? Es macht einen Haken hinter seinen Hinweis. Ein ganz falsches, verwirrendes Signal an den Nutzer.

Doch davon gibt es noch mehr. Wer beispielsweise aus Versehen auf der Startseite bei der Sendungsverfolgung den "Suchen"-Button auslöst, ohne eine Nummer eingegeben zu haben (oder alternativ Return gedrückt hat), der erhält diese Seite hier:

navigation_weg.jpg

Wo ist die Navigation?! Kein Logo mehr, keine Haupt- und Seitennavigation mehr... man möchte fast rufen: Ich bin ein Nutzer, holt mich hier raus!

Der Nutzer, der bis hierhin nicht genervt ist, ist jedenfalls zu bewundern. Es gibt noch mehr Usability-Probleme auf der DHL-Webseite, dieser kleine Fall soll als Beispiel mal reichen. Woher kommen all diese Schwierigkeiten? Vermutlich resultieren sie aus einer gewachsenen, aber nicht gut genug überprüften Struktur. Jedenfalls bietet DHL ein Beispiel dafür, dass auch die ganz Großen nicht ganz gut sind.

Übrigens, der wichtige Brief kam pünktlich an. Und die Sendungsnummer, die auf dem Einlieferungsschein stand, war auch durchaus korrekt. Das konnte die Hotline aufklären, denn dort sah man den Status des Briefes. Manchmal ist die heute schon fast altmodische Art, ein Problem per Telefon zu lösen, eben doch die Beste ...

Das zumindest ist unser Ziel: Wir wollen das Web verbessern. Oder besser gesagt, seinen Inhalt. Schlechte Webseiten gibt es genug. Hier erklären wir, was an ihnen schlecht ist. Und wie man sie verbessern könnte. Wir erklären auch, wie man eine Webseite begutachtet, was Web-Evaluation ist, warum Usability Webseiten verbessert und was in aller Welt Unternehmen eigentlich davon haben.

Viel Spaß!